Sklavenarbeit in Brasilien

Noch immer sind sklavenarbeitsähnliche Verhältnisse in Brasilien ein Teil der Realität

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Zuckerrohranbau ist noch immer einer der Arbeitsbereiche in Brasilien, in dem vergleichsweise oft Menschen in Sklavenarbeit ausgebeutet werden.

Von Christian Russau, KoBra
Im Jahr 2015 hat das brasilianische Ministerium für Arbeit 936 Menschen aus sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen befreit. Dies berichtet das Ministerium auf seiner Internetseite. Die Sondereinheiten des Ministeriums zur Aufdeckung von sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen führten im Zeitraum Januar bis Mitte Dezember 2015 125 Einsätze bei insgesamt 229 Betrieben durch. Bei diesen Vor-Ort-Inspektionen wurden insgesamt 6.826 Arbeitende überprüft. In 936 Fällen wurde von den Behörden festgestellt, dass sklavenarbeitsähnliche Verhältnisse vorlagen.
Der Straftatbestand, Arbeiter in Sklavenarbeit oder sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen auszubeuten, definiert in Brasilien der Artikel 149 des brasilianischen Gesetzbuches. Ist eines oder sind mehrere der folgenden Kriterien erfüllt, handelt es sich um Sklavenarbeit oder sklavenarbeitsähnliche Verhältnisse: Zwangsarbeit, überanstrengendes Arbeitspensum, Lohnsklaverei, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen.
Das Arbeitsministerium teilte zudem mit, dass die im Rahmen der Überprüfung aus sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen befreiten Betroffenen in der Mehrzahl jung und männlich sind, geringe Schulbildung ausweisen und zuvor im Land als Binnenmigrant umgezogen waren.
Die Sklaverei wurde in Brasilien 1888 abgeschafft. Aber noch immer gibt es Fälle von Sklavenarbeit oder sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen. Einer repräsentativen Umfrage zufolge erklären 70 Prozent der Brasilianerinnen und Brasilianer, dass es in Brasilien Sklavenarbeit gibt.
In Brasilien gibt es eigentlich eine Liste der Straftäter, die Menschen in Sklavenarbeit oder sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen ausgebeutet haben. Doch seit zwei Jahren gibt es Rechtsstreit um die Veröffentlichung der Liste. Vertreter der großen Landeigentümer ebenso wie Rechtsanwälte von Firmenvertreter wollen die Veröffentlichung der sogenannten «schmutzigen Liste» verhindern.
Mehrere juristische Eingaben verhinderten zwischenzeitlich die Veröffentlichung der Liste, Menschenrechtsorganisationen wie Repórter Brasil hatten daraufhin die Liste auf ihren Webseiten veröffentlicht, die entsprechenden Rechtsstreitigkeiten halten noch an. Im September 2015 entschied der Oberste Gerichtshof, dass die Veröffentlichung der Liste nicht durch das Informationsfreiheitsgesetzt abgedeckt sei und es von daher dem Arbeitsministerium nicht gestattet sei, zum Ende des Jahres 2015 – wie in früheren Jahren eigentlich üblich – die aktualisierte Liste zu veröffentlichen.
Zudem gibt es auf der Seite der Legislative eine Reihe von Gesetzesinitiativen aus dem Milieu der Großgrund-, Farm- und Firmenbesitzer, die die Gesetzeslage zur Definition von Sklavenarbeit oder sklavenarbeitsähnlichen Verhältnissen dahingehend ändern wollen, dass erst nach letztinstanzlicher gerichtlicher Entscheidung die Namen der Firmen und/oder Personen öffentlich genannt werden sollen und dass in Zukunft nur noch die Definition des «Zwangs», also der «Unfreiheit», aber nicht mehr die anderen drei Definitionen – überanstrengendes Arbeitspensum, Lohnsklaverei, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen – zur Beurteilung des Straftabestands, Menschen in Sklavenarbeit gehalten zu haben, herangezogen werden sollen.

Foto: Cícero R. C. Omena via flickr 

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