TTIP und seine möglichen Folgen für die öffentliche Daseinsvorsorge

Demokratie am Beispiel von Landes- und Kommunalpolitik in Brandenburg – Vortrag in Moskau, Mai 2015
Von Kerstin Kaiser, MdL DIE LINKE
Kaiser
Boris Kagarlitzki zitierte einen bösen Witz, wonach dem widerstandslosen Volk hierzulande gleichzeitig Datscha und Garten geklaut worden seien. Diesem Bild folgend verhält sich das mit TTIP und dessen Folgen für Kommunen im ländlich geprägten Brandenburg wie folgt: Man verlangt von den Bewohnerinnen und Bewohnern (den KommunalpolitkerInnen) selbst, im vorauseilenden Gehorsam ihre kommunalen Grenzen aufzuheben, also Mauern und Zäune (Gesetze und Satzungen) weg zu räumen, sogar Türen und Fenster ihrer Häuser zu öffnen, um ihren Lebensraum samt Daseinsvorsorge einfach dem globalen Markt und Finanzkapital zu übergeben.
Wir reden dabei über Kindergärten und Schulen, Theater, Krankenhäuser, die Strom-, Wasser- und Gasversorgung, Busse und Straßenbahnen. Den regionalen Handwerkern, kleinen und Familienfirmen und auch den Kooperativen und Bio-Bauern müsste man sagen: Unsere und eure Freiheit wird jetzt gegen absolute Marktfreiheit eingetauscht. Profitmaximierung, Marktfreiheit, Konkurrenzfähigkeit würden heilig gesprochen. Die Wege der starken global agierenden Firmen würden von allen politischen Leitplanken befreit.
Selbst wenn bei den laufenden Verhandlungen bestenfalls der europäische Status quo gesichert werden könnte, hätten Stadt- und Landbewohner zukünftig die jetzt vorhandene Souveränität verloren.
Zum Verständnis hier einige Stichpunkte zu meinem politischen Kontext:
Seit 1999 bin ich Abgeordnete im Landtag Brandenburg – dem Regionalparlament des östlichen Bundeslandes, in dessen Mitte Berlin liegt und das sich bis an die Grenze zur Republik Polen zieht.
Das Land Brandenburg wird seit 2009 in zweiter Legislatur von einer so genannten „Rot-Roten Koalition“ aus SPD und DIE LINKE regiert. In meiner Verantwortung als LINKEn-Fraktionsvorsitzende von 2005-2012 habe ich diese mit vorbereitet und verhandelt.
Durch die Politik unserer Regierung werden seither die Kommunen finanziell und rechtlich gestärkt, ihr Handlungsspielraum erweitert. Starkes Augenmerk wird auf die Stärkung des kommunalen Eigentums, der kommunalen Wirtschaft und Daseinsvorsorge gelegt.
Als Vorsitzende des Europaausschusses im Landtag bin ich außerdem qua Amt die gewählte Vertreterin meines Landes im Europäischen Kongress der Gemeinden und Regionen (KGRE) beim Europarat, in dem z.B. auch Politiker aus Russland, der Ukraine, Georgien vertreten sind. Dort war man sich letztens länder- und parteiübergreifend einig: Die Regionalisierung von sozialen und ökonomischen, von politischen und demokratischen Prozessen ist im Rahmen der EU notwendige Voraussetzung für einen erfolgreichen und nachhaltigen Integrationsprozess. Jedenfalls, wenn man dialektisch denkt. Das ist auch Position der Partei DIE LINKE.
Ehrenamtlich bin ich auch Kreistagsabgeordnete und Stadtverordnete. In meinem Wohnort leite ich den Ausschuss für Bildung, Jugend, Kultur, Sport und Soziales.

Notwendig ist an dieser Stelle ein kurzer Kommentar dazu, was mit „Regionalisierung“ nicht gemeint sein soll:
Es geht nicht darum,

  • Privilegien des reichen, weißen Mitteleuropas zu sichern oder die deutsche Dominanz zu verewigen (Stichwort: Besitzstandswahrung);
  • Kirchturmpolitik, Provinzialität zum Maßstab zu erheben;
  • nationale Lösungen zu bevorzugen, dem Nationalismus das Wort zu reden;
  • die Perspektive der deutschen bzw. EU-Definition auf „Kommunale Selbstverwaltung“ zum verpflichtenden Modell für alle zu erheben.

Aus der Perspektive einer linken, sozialistischen Politikerin geht es beim Thema TTIP um die Zukunft der Demokratie. Es geht hier also um Antworten auf die Fragen:

  • Bleiben Gemeinde, Städte, Landkreise, Länder (Regionen) überhaupt in der Lage, die Lebensumstände ihrer Einwohner selbst zu bestimmen und mit zu gestalten – oder treten sie dieses Recht an Monopole ab?
  • Können Gemeinschaften ihre Angelegenheiten künftig weiter souverän regeln? Können – im Sinne einer positiven Dynamik – Regeln auf demokratischem Wege neu gesetzt werden? Oder wird die kommunale / regionale Ebene entdemokratisiert?
  • Ist damit ebenso das bisherige „europäische Modell“ am Ende? (Das meint die Wirtschaftsunion ohne Sozialunion, verschiedene Sozialstandards in Konkurrenz als Besitzstand der Nationalstaaten?)
  • Welche Möglichkeiten und Chancen für effektiven Widerstand gegen negative Entwicklungen gibt es?

Meine These ist: TTIP – so wie es jetzt geplant und von uns befürchtet wird – ist nicht nur ein Anschlag, sondern ein kalter Putsch gegen die kommunale Selbstverwaltung, gegen kommunale und regionale Demokratie. Warum kann ich das behaupten?
Weil in den „Leitlinien für die Verhandlung des umfassenden Handels- und Investitionsabkommens“ TTIP der Europäischen Kommission im Punkt 4 formuliert ist:
„Die sich aus dem Abkommen ergebenen Pflichten werden auf allen staatlichen Ebenen bindend sein.“
Das Ziel der Verhandler ist, geltende Gesetze beidseitig des Atlantiks den Regeln des Freihandels zu unterwerfen. Aus dem EU-Integrationsprozess haben wir jedoch gelernt, dass ein gemeinsamer Binnenmarkt allein nicht ausreicht. Es braucht im Wirtschaftsgebiet ebenso demokratische, politische Regeln, soziale Standards, Umweltgesetze. Nun steht zu befürchten, dass man sich auf die niedrigsten, also billigsten sozialen, ökologischen, demokratischen Schutzstandards einigen wird. Bei Zustimmung zu diesem TTIP bedeutet das für die Bevölkerung außerdem einen beträchtlichen Souveränitätsverlust, den Verlust an Mitbestimmung, also an demokratischen Gestaltungsmöglichkeiten.

Grundgesetz, Landes- und Kommunalverfassung
Die Gefahr durch TTIP und die beabsichtigte Allmacht seiner Regelungen „auf allen staatlichen Ebenen“ ist für Städte, Gemeinden und Regionen deshalb gegeben, weil deren starker politischer und rechtlicher Stand sich bei uns bislang auf das deutsche Grundgesetz und Landesverfassungen gründet und durch diese verlässlich geschützt ist:
Laut Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes haben Gemeinden „das Recht, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln.“
Die Brandenburger Landesverfassung sichert für die kommunale Daseinsvorsorge in Artikel 96 die so genannte Subsidiarität: „Wenn die untergeordnete politische Ebene eine Aufgabe besser lösen kann, soll sie ihr übertragen werden.“ und in Artikel 97 die Kommunale Selbstverwaltung für ihre Territorien (Gemeinden, Städte, Landkreise).
In der darauf fußenden Kommunalverfassung unseres Landes ist der Auftrag für die Gemeinden in §2, Abs. 2 wie folgt formuliert und sehr weit gefasst:
„Zu den Aufgaben der örtlichen Gemeinschaft gehören unter anderem die harmonische Gestaltung der Gemeindeentwicklung einschließlich der Standortentscheidungen unter Beachtung der Umweltverträglichkeit und des Denkmalschutzes, die Bauleitplanung, die Förderung von Wirtschaft und Gewerbe, die Gewährleistung des öffentlichen Verkehrs und eines ausreichenden Breitbandzuganges, die Versorgung mit Energie und Wasser, die schadlose Abwasserableitung und -behandlung, die Verbesserung der Wohnungen der Einwohner durch den sozialen Wohnungsbau und die Förderung des privaten und genossenschaftlichen Bauens sowie durch eine sozial gerechte Verteilung der Wohnungen, die gesundheitliche und soziale Betreuung, die Sicherung und Förderung eines breiten Bildungs- und Kinderbetreuungsangebotes und die Entwicklung der Freizeit- und Erholungsbedingungen sowie der Schutz der natürlichen Umwelt und die Aufrechterhalten der öffentlichen Reinlichkeit. Die Gemeinde fördert das kulturelle Leben und die Vermittlung des kulturellen Erbes in ihrem Gebiet und ermöglicht ihren Einwohnern die Teilnahme am kulturellen Leben sowie den Zugang zu den Kulturgütern…“

Land Brandenburg – Politik für Kommunen
Diesen umfassenden landes- und bundesgesetzlichen Rahmen nutzten wir als Brandenburger Regierung aus SPD & DIE LINKE in den letzten Jahren zum Beispiel so:

  • Eine nachhaltige Finanz- und Haushaltspolitik des Landes (als Strategie) hatte die Stärkung und Konsolidierung der kommunalen Haushalte zum Ziel. Haushaltssanierung erfolgte nicht zu Lasten der Kommunen.
  • Die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen zum Zweck der Daseinsvorsorge wurde gestärkt: Städte/Gemeinden dürfen nun auch außerhalb ihrer territorialen Grenzen Versorgungsaufgaben übernehmen, natürlich auf Basis entsprechender Verträge.
  • Freiwillige interkommunale Zusammenarbeit für nachhaltige Verwaltung und Investitionen wird gefördert.
  • Das Vergabegesetz (für die Vergabe öffentlicher Aufträge und Investitionen) wurde durch eine Lohnuntergrenze (Mindestlohn) als Kriterium ergänzt. Es existieren darüber hinaus bereits umfangreiche Vergabekriterien (soziale, ökologische).
  • Kommunale Zweckverbände zur Versorgung mit Wasser und Entsorgung von Abwasser wurde rechtlich und finanziell stabilisiert.
  • Kommunale Krankenhäuser wurden politisch gesichert, stabilisiert, vereinzelt sogar aus privater Trägerschaft zurück gekauft.
  • Re-Kommunalisierungen von Aufgaben der Daseinsvorsorge werden gefördert und unterstützt, Privatisierungen verstärkt kontrolliert.

Diese Strategie der rot-roten Koalition war erfolgreich. Mit TTIP wären ihre Fortsetzung und mögliche positive Effekte grundsätzlich infrage gestellt und durch eine gegenläufige Politik ersetzt.
Grundsätzlich würden im Land Brandenburg also geltende Gesetze, verankerte Strategien, erprobte Vereinbarungen und Prinzipien infrage gestellt oder eingeschränkt. Zum Beispiel:

  • Landesverfassung, Kommunalverfassung
  • Subsidiaritätsprinzip (gilt auch auf EU- und Bundesebene)
  • Volksgesetzgebung / Direkte Demokratie – Bürgerinitiativen, Volksinitiativen usw.
  • Gleichstellungs- und Antidiskriminierungsgesetz
  • Vergabegesetz, Vergabehandbuch
  • Gesetz über die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen
  • Finanzpolitik, EU-Förderpolitik
  • Nachhaltigkeitsstrategie des Landes Brandenburg

Mit der Einführung der privaten Schiedsgerichte, von denen hier mehrfach die Rede war, wird jedes Gesetz, jede kommunale Willensbildung und neue Normsetzung, jeder Beschluss bereits vorauseilend daraufhin geprüft werden müssen, ob ein potenzieller privater Interessent als Kläger dann dagegen Einspruch erheben könnte. „ISDS“ bedeutet eine Art Vetorecht interessierter Konzerne gegen kommunalpolitische Regelungen. Politisch gewollte öffentliche Subventionen im bisherigen Sinne würden wenigstens angreifbar, vermutlich unmöglich.

Kommunale Ebene
Kommunale Vertretungen arbeiten ehrenamtlich. Ihre Mitglieder werden sehr vorsichtig sein, abwarten und nichts beschließen, was mit TTIP unvereinbar ist und eventuell hohe Klagekosten oder Strafen zur Folge haben könnte. Die bisherige Souveränität der Kommunen, ihre Aufgaben- und Entscheidungsbreite wird demnach so nicht erhalten bleiben können.
Folgen durch TTIP für alle Kommunen sind vorprogrammiert:

  • Parlamente und kommunale Vertretungen geraten zunehmend in eine Zuschauerrolle.
  • Politische Macht wird in der Tendenz zentralisiert, statt dezentralisiert.
  • Die Organisationsfreiheit wird eingeschränkt: bisher kommunal erbrachte Dienstleistungen müssen für den freien Markt geöffnet werden.
  • Der Privatisierungs- und Liberalisierungsdruck steigt. Verpflichtungen dazu kämen wieder auf die Tagesordnung, noch umfassender als in den neunziger Jahren.
  • Lokale kleine und mittlere Unternehmen werden durch multinational agierende Konzerne verdrängt.
  • Der Wettbewerb bei Ausschreibungen öffentlicher Aufträge und Konzessionsvergaben wird sich verschärfen.
  • Einschränkung von Stadtplanung, Baurecht und bei der Gestaltung von örtlichem Handel, lokaler Wirtschaftsordnung und – struktur: Heute noch können Kommunen eine Niederlassungs- und Betriebsgenehmigungen verweigern, wenn sie Verdrängungskonkurrenz oder Dumpingwettwerb für den örtlichen Einzelhandel befürchten. Dieses Instrument fällt weg. Die Ansiedlung von Einkaufszentren, Supermärkten oder Verkehrsunternehmen kann dann kaum noch beeinflusst werden.
  • Rekommunalisierungen werden erschwert oder unmöglich. In sensiblen Bereichen, wie Gesundheits-, Energie- und Wasserversorgung hat das natürlich Folgen für Gebühren- und Preisentwicklung.
  • Schulentwicklungsplanung und KiTa-Bedarfsplanung wären in ihrer Wirkung eingeschränkt, wenn private Schulen und Kindergärten frei zugelassen werden müssten. Tarifdumping (bei der Bezahlung von Lehrerinnen und Erzieherinnen) und Gebührengestaltung privater Träger verschärfen soziale Ungleichheit. Folgekosten für kommunale Haushalte sind zu erwarten.
  • Öffentliche Investitionen in die Infrastruktur und soziale Subventionen wie zum Beispiel Zuschüsse für die Essensversorgung in öffentlichen Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern werden unmöglich bzw. durch Sozialkonzerne mit Klagen belegt.

In Strausberg / Märkisch-Oderland
Auch in meinem Wohnort, der Stadt Strausberg mit 26 Tausend Einwohner_innen, hätte TTIP konkrete Folgen z.B. für die Organisation der Daseinsvorsorge und die wirtschaftliche Betätigung durch folgende kommunale Betriebe, Gesellschaften und Einrichtungen:

  • Eigenbetrieb für Stadtreinigung, Pflege und Reparaturen
  • Stadwerke: Versorgung mit Energie, Betreiben der Straßenbahn und eines Flugplatzes
  • Wohnungsbaugesellschaft
  • Eigenbetrieb Forst
  • Kindergärten, Schulhorte und Schulen
  • Sporthallen und Sportplätze

Durch den Landkreis Märkisch-Oderland werden z.B. die Müll- und Abfallentsorgung, der Busverkehr, Schulen, Kultureinrichtungen sowie der Rettungsdienst und die Krankenhaus GmbH MOL getragen, die Weiterbildung (Volkshochschule) organisiert sowie Baugenehmigungen erteilt. Ein kommunaler Zweckverband (über zwei Landkreise) organisiert die Wasser- und Abwasserversorgung sowie deren Modernisierung und Ausbau durch entsprechende Investitionen.
Stark vereinfacht lassen sich dann die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der oben beschriebenen Entwicklungen durch TTIP für unsere Einwohner_innen unmittelbar spürbar wie folgt zusammenfassen:

  • schlechtere Bezahlung (Niedriglohnkonkurrenz, Einschnitte bei Tarifgestaltung)
  • steigende Mieten, Preise und Gebühren für soziale Dienstleistungen inklusive Bildung, musische Bildung, Weiterbildung
  • zunehmender Druck, Lobbyismus bei der Widmung und Bewertung von Immobilien, steigende Immobilienpreise

Widerstand gegen TTIP – auch vor Ort nötig und möglich
Die „Leitlinien für die Verhandlungen…“ über TTIP zwischen der EU und den USA stammen vom 17. Juni 2013 und erhielten erst am 9. Oktober 2014 den Status „öffentlich zugänglich“. Erst nachdem der Text über das Internet längst veröffentlicht worden war, sah sich der Europäische Rat dazu gezwungen. Dieser Vorgang belegt den Erfolg der Journalisten und vieler Akteure aus NGOs, Parteien und Parlamenten aller Ebenen, Licht in das Dunkel zu bringen, Transparenz zu den Verhandlungen herzustellen und Widerstand zu organisieren. Danach erreichte eine EU-weit laufende Petition gegen TTIP über eine Million Unterschriften. Die Aufklärungsarbeit linker und grüner EP- und Bundestagsabgeordneter im Zusammenhang mit der Massen-Petition beförderte auch den Widerstand vor Ort.
Selbstverständlich waren und sind die im Bundestag vertretenen Parteien zu Stellungnahmen gezwungen, denn es reifte die Erkenntnis, dass der Deutsche Bundestag aus rechtlichen Gründen wenigstens über Teile des TTIP abstimmen müsste. Über die Presse, Aktionstage und Demonstrationen wurden Einzelheiten vor Ort bekannt. Grundsätzlich kritisch agieren Bündnis90/GRÜNE und DIE LINKE. Die SPD verhält sich ambivalent. CDU und CSU sind TTIP-Befürworter.
Im Brandenburger Landtag gab es von April 2014 bis Juni 2014 zwei Debatten und eine Öffentliche Anhörung zum Thema TTIP im Fachausschuss für Europapolitik. Sie führten zum Beschluss „Sozial-, Arbeitsrechts-, Umweltschutz-, Datenschutz- und Verbraucherschutzstandards nicht gefährden – Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen neu gestalten“. Der im Oktober 2014 neu gewählte Landtag aktualisierte die Beschlussfassung im April 2015. Danach ist die Landesregierung auch verpflichtet, das Parlament regelmäßig über Inhalte und Stand der Verhandlungen zu informieren. Im April lagen 898 Änderungsanträge im zuständigen Ausschuss des Europäischen Parlaments vor. Noch besteht die Chance, dass der Widerstand gegen TTIP Erfolge zeigt.
Obwohl in Deutschland verschiedene Juristen behaupten, Kreistage und Stadtparlamente dürften zum Thema TTIP nicht debattieren und schon gar keine Beschlüsse dazu fassen, gibt es auch im Land Brandenburg mehrere Kommunen, die TTIP-kritische Stellungnahmen verabschiedeten. Darunter ist auch der Kreistag in meinem Landkreis Märkisch-Oderland, in dem wir LINKE-n und GRÜNE-n dies gemeinsam erreichten. Dass der Städte- und Gemeindebund als kommunaler Spitzenverband von Anfang an kritische Fragen zu TTIP stellte, hat diesen Widerstand befördert. Hauptsächlich geht es uns darum, die Souveränität der Kommunen für die Belange ihrer Gemeinschaft zu erhalten, das heißt also, das Primat der Politik gegenüber der Wirtschaft.

Fazit
Mit dem Beschluss von TTIP nach dem vorliegenden Verhandlungsauftrag würde das Ende der regionalen und kommunalen Souveränität und Selbstverwaltung eingeläutet. Grundgesetz, Landesverfassung und Kommunalverfassung würden ausgehebelt.
Die demokratischen Systeme westeuropäischer Prägung würden erheblich eingeschränkt und würden keinesfalls weiter wie bisher funktionieren.
Politischer Widerspruch und Widerstand dagegen werden nicht nur von der LINKEN artikuliert. Der Erfolg ist aber noch lange nicht gesichert.

Quellen, ausgewählte Dokumente und Literatur
AdR – Ausschuss der Regionen im Europäischen Parlament / Fachkommission für Wirtschafts- und Sozialpolitik: Stellungnahme vom 17. Dezember 2014; Berichterstatter: Markus Töns; ECOS-V-063
Aust, Björn: Die Folgen von TTIP, CETA & Co für die Kommunen; In: TTIP vor Ort bekämpfen. Broschüre der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag; April 2015.
Bode, Thilo: TTIP – die Freihandelslüge; DVA-Verlag Stuttgart, 2015.
bvöd – PUBLIC SERVICES (Bundesverband Öffentliche Dienstleistungen): Positionen und Forderungen des bvöd zu den Verhandlungen über TTIP“; 4.6.2014.
DIE LINKE im Bundestag: TTIP stoppen! – Geheimes Handelsabkommen bedroht unsere Demokratie.- pocket-Broschüre; Berlin, April 2014.
Fritz, Thomas: TTIP vor Ort – Folgen der transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft für Bundesländer und Kommunen; Studie im Auftrag von „campact“; 2014.
Grundwertekommission beim Parteivorstand der SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands): TTIP und die sozialdemokratischen Grundwerte – ein Konflikt?, Januar 2015.
Leitlinien für die Verhandlungen über die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft zwischen der Europäischen Union und den Vereinigten Staaten von Amerika; Dokument Nr. 11103/13, DCL1; 17. Juni 2013, veröffentlicht: Brüssel, 9. Oktober 2014
Jennar, R.M. & Lambert, R.: Die sieben wichtigsten Fragen zum Freihandelsabkommen Tafta; In: Le Monde diplomatique Nr. 10433 vom 13.6.2014, S. 16.
Kaufmann, Stephan: Freihandel als Waffe im globalen Machtkampf; rls-STANDPUNKTE 23/2014; Rosa-Luxemburg-Stiftung Berlin, 2014.
Landtag Brandenburg: Umwelt- und Verbraucherschutzstandards der EU nicht gefährden – Verhandlungen zum Transatlantischen Freihandelsabkommen neu gestalten; Beschluss des Landtages vom 26. Juni 2014, Drucksachen-Nr. 5/9141-B.
Scholz, Helmut (Mitglied im Europäischen Parlament, GUE/NGL, DIE LINKE): Antworten auf den Fragenkatalog zum Fachgespräch TTIP und CETA im AfEEV – Ausschuss für Europa-, Entwicklungspolitik und Verbraucherschutz im Landtag Brandenburg; 5. Juni 2014.
Städte- und Gemeindebund Brandenburg: Stellungnahme zum Fachgespräch TTIP und CETA im AfEEV im Landtag Brandenburg ; 4. Juni 2014.

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