Essen produzieren in Zeiten von Corona

Agrargifte für den Ackerbau, Massentierhaltung in Feedlots, Plünderung der Umwelt - die landwirtschaftliche Produktionsstruktur wird immer mehr in Frage gestellt.

Sie stellen 80 Prozent der Nahrungsmittel her, die auf die Tische von Argentinier:innen aller sozialen Schichten kommen. Ihre Tätigkeiten stellen 70 Prozent der Landarbeit dar, aber sie bebauen gerade mal ein Viertel der Anbauflächen des Landes und nur 4o Prozent von ihnen sind Eigentümer der Böden, auf denen sie produzieren. Sie stellen sich als das „andere Land“ dar – im Gegensatz zum exportorientierten Agrobusiness. Mit der Bedrohung durch Covid-19 wird die landwirtschaftliche Produktionsstruktur immer mehr in Frage gestellt.

 Agrargifte für den Ackerbau, Massentierhaltung in Feedlots, Plünderung der Umwelt: Bilder eines ungezügelten, kranken Kapitalismus. Während Anschuldigungen ausgeteilt werden, wächst angesichts der Spekulation der Unternehmer die Alternative einer solidarischen Antwort der Bauern und Indigenen als Kleinerzeuger:innen, die die Bevölkerung mit gesunden und preiswerten Nahrungsmitteln versorgen.

Am 17. April, dem Internationalen Tag des bäuerlichen Kampfes, sprachen wir mit einem der Hauptakteure auf diesem Gebiet: mit Diego Montón vom Movimiento Nacional Campesino Indígena Somos Tierra (MNCI – Nationale Bauern- und Indigenenbewegung Wir sind der Boden).

Federico Hauscarriaga, ANRed

„Wir sind über das ganze Land verteilt ungefähr zehntausend Bauernfamilie“, erklärt Marta Sánchez. In der Organisation ist sie zuständig für Bildungsaufgaben. Sie erzählt uns, dass die Unterrichtsinhalte an den beiden Landschulen für Agrarökologie in Mendoza und San Juan den Leitsätzen von „Otro Campo“ (Ein anderes Land) entsprechen, deren politischer Horizont die Agrarreform und die Ernährungssouveränität sind. MNCI Somos Tierra ist eine Bauernorganisation, die zum Universum der bäuerlichen Familienbetriebe gehört, ein Sektor, der 80 Prozent der von der Weltbevölkerung verzehrten Nahrungsmittel erzeugt und der einem Bericht der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) zufolge 90 Prozent der insgesamt 570 Millionen Landwirtschaftsbetriebe darstellt.

Misiones: „Wir bringen die Waren in die städtischen Viertel“

Im Norden und im Osten der Provinz sind mehr als 300 Familien in Kooperativen und Nachbarschaftsorganisationen in ländlichen Regionen oder in der Nähe von Stadtgebieten organisiert. Die Mitglieder verfügen über Landgüter von maximal 80 Hektar. Sie produzieren Maniok, Mais und Bohnen, haben aber auch Gemüsegärten für den Eigenverbrauch der Gemeinschaft. „Wir halten Hühner und Schweine, einige Familien haben auch Milchkühe für den Eigenverbrauch oder für die Milch- und Käseproduktion. Es gibt auch kleine Tabakproduzenten. Obwohl die Organisation den Tabakanbau nicht unterstützt, akzeptieren wir, dass einige Genossen von dieser Produktion abhängig sind. In kleinerem Maß wird auch Matetee produziert“, sagt Pedro Lunello, der unterstreicht, dass die Produktion von Obst und Gemüse der jeweiligen Jahreszeit das Hauptziel ist. Ein weiteres Ziel sei, fährt er fort, „unseren gesunden Erzeugnissen einen Mehrwert zu geben“ mit der Herstellung von Konserven, die in einem kleinen Laden in Puerto Iguazú verkauft werden.

Trotz der Bedrohung durch die Pandemie produziert die Organisation weiter und bringt die Nahrungsmittel in die städtischen Viertel. „Schon vor Ausbruch der Pandemie lieferten wir Essen über die sozialen Netzwerke. Jetzt bringen wir die Waren in die Viertel von Puerto Iguazú. Ein Teil des Essens wird verkauft, ein anderer Teil geht an Volksküchen, die wir gemeinsam mit unserer Partnerorganisation Colectivo Social Iguazú organisieren. Viele Menschen ernähren sich dank dieser Initiative. Den Vertrieb bewerkstelligen wir mit Mitteln und Fahrzeugen unserer Genossen. Das INTA (Nationales Institut für landwirtschaftliche Technologie) unterstützt uns ein wenig im Norden und einige verbündete Organisationen beim Transport“, erklärt Pedro.

Mendoza: „Wir erzielen sehr gute Produkte und immer zu Preisen, die ein Arbeiter bezahlen kann.“

 Die Unión de Trabajadores sin Tierra (UST – Union der Landarbeiter ohne Boden) ist in mehreren Bezirken der Provinz präsent, vor allem aber im Norden. Die Gemeinschaften organisieren sich in Basisgruppen oder in produktiven Gruppen, in denen die Problematiken zusammengetragen werden. Es gibt Produktivgenossenschaften mit unterschiedlichen Profilen, die aufgrund der Merkmale der Provinz von der Bewässerung abhängig sind. „Manche Regionen sind Oasen, wie das Tal des Uco oder San Rafael, wieder andere werden durch unterirdische Flüsse bewässert, der Rest der Provinz ist jedoch ein sehr trockenes Gebiet.

In letzteren werden vor allem Ziegen und Bienen gezüchtet oder Kunsthandwerk gefertigt. In den bewässerungsarmen Gebieten gibt es viel Gemüseanbau, aber auch Agrarindustrien, die mit diesen Grunderzeugnissen zusammenhängen. Es sind kleine Handwerksbetriebe, die ihre Produkte auch vertreiben dürfen. Wir sind in drei Bezirken angesiedelt. Wir produzieren ganze und zerkleinerte Tomaten, Marmeladen, eingemachtes Obst usw., viele unserer Genossen arbeiten zu Hause, vor allem in der Marmeladenproduktion“, erläutert Natalia Manini, die zum Produktionsteam gehört.

Was den Vertrieb angeht, finden die Familien viele Wege, ihre Produkte zu verkaufen. „Wir haben verschiedene Methoden entwickelt. Eine davon ist der Direktverkauf auf Märkten, wo Produzenten und Verbraucher aufeinandertreffen. Weiterhin gibt es verschiedene Vertriebsnetzwerke, die alle nach dem Prinzip der solidarischen Volkswirtschaft ausgerichtet sind. Diese Netzwerke existieren auch in anderen Provinzen, mit denen wir in Kontakt stehen.

In Buenos Aires vertreiben wir unsere Produkte in den Räumlichkeiten der UTT (Union der Landarbeiter), aber auch über andere Netzwerke wie zum Beispiel das Instituto de Producción Popular (Institut für volkseigene Produktion), Más cerca es más justo (Näher ist Gerechter), Caracoles y Hormigas (Schnecken und Ameisen), Puentes del Sur (Brücken des Südens). Im Bezirk Lavalle verteilen wir Säcke mit Nahrungsmitteln über ein Abkommen mit der städtischen Behörde für Wirtschaftliche Entwicklung, die die Fahrzeuge für die Zustellung bereitstellt.

Die Stadtverwaltung von La Paz hat ebenso bei uns eingekauft, um die Nahrungsmittel in den weiter entfernten Haushalten zu verteilen. Auch Institutionen wie die staatliche Krankenversicherung der Rentner PAMI, einige Restaurants und einzelne Verbraucher kaufen direkt in unseren Betrieben.“

„Trotz der Pandemie geht der Betrieb weiter. In einigen sehr abgelegenen Orten gibt es wegen des fehlenden Internetzugangs logistische Probleme, um die staatlichen Zuwendungen wie das Familieneinkommen im Notstand IFE zu beziehen. In den Betrieben fehlen aufgrund des industriellen Stillstands Betriebsmittel, so sind z.B. Weißblech oder Glas knapp. Die Organisation versucht, die Produktion in den Gemeinschaften unter Berücksichtigung aller Sicherheitsmaßnahmen aufrechtzuerhalten, damit nicht nur unsere eigenen Familien sondern auch die Verbraucher allgemein mit Nahrung versorgt werden können.

Während der Pandemie ist der Gemüseverkauf stark gestiegen. Wir haben ein Vertriebsschema mit Buenos Aires, vor allem über die Märkte der UTT; während der Quarantäne haben wir auch den Direktverkauf von Säcken mit Gemüse in den Bezirken Lavalle, San Rafael und in der Stadt Mendoza verstärkt. Wir liefern wöchentlich ca. 2500 Säcke aus. Gleichzeitig vertreiben wir Konserven. Wir zielen darauf ab, die Zahl der Erzeuger und Betriebe in der Produktionskette zu steigern immer mit der Devise, gesunde Nahrung anzubieten. Wir benutzen keinerlei Konservierungsmittel und entwickeln uns in Richtung Agrarökologie, unsere Nahrungsmittel werden auch in Fabriken verarbeitet. Wir haben sehr gute Produkte und verkaufen zu Preisen, die ein Arbeiter bezahlen kann.“

Córdoba: „Die Pandemie hat die bedrohliche Situation aufgezeigt, die der globalisierte Kapitalismus erreicht hat.“

In der Provinz Córdoba sind in der MNCI Somos Tierra etwa tausend Familien organisiert, die seit 20 Jahren im Nordwesten der Provinz tätig ist. Zusätzlich zu den Landfamilien haben sich auch mittelgroße Dörfer angeschlossen, in die diese Familien gezogen sind. Die Basisorganisationen funktionieren durch Versammlungen der Gemeinschaft, die ihre Delegierten für die Regionalversammlungen bestimmen, welche wiederum in einem Organ auf Provinzebene zusammengeschlossen sind.

„Seit zwanzig Jahren versuchen wir nicht nur Aktionen durchzuführen, die unsere Alltagsprobleme lösen, sondern auch die Lebensbedingungen der Familien zu verbessern, damit sie weiterhin auf dem Land leben und produktive Akteure sein können. Einer unserer letzten Erfolge ist, dass in Córdoba die Existenz von Bauernfamilien und ihr Anrecht auf Rechte anerkannt wurde. Wir stärken die Produktionsprozesse, die die Familien hier historisch betrieben haben. Diese produktiven Arbeiten sowie diejenigen, die die Gemeinschaft stützen, werden von Frauen verrichtet“, erklärt Pablo Blank.

Die großen Landwirtschaftsbetriebe, das Immobiliengeschäft und der Bergbau haben die mediterrane Provinz in Rekordschnelle abgeholzt. Die Bauernfamilien leben vom Wald, „in der Provinz verrichten wir auch Arbeiten, die mit der Pflege des Waldes zu tun haben. Aber die Hauptbeschäftigung ist die Ziegenzucht, die angestiegen ist und sich diversifiziert hat mit Produkten, die wir als Nichtholz-Waldprodukte bezeichnen.

Es gibt in der Nähe der Ortschaften viel Bienenzucht, Ziegenkäse, Dulce de leche (Karamellcreme), mit Waldkräutern angereicherte Cremes, Kräuterextrakte, Brennholz und auch Konserven.“ Was den Vertrieb angeht, erklärt er: „In Córdoba haben wir zwei Läden eröffnet, in der Hauptstadt und in Villa Dolores, Traslasierra, die als Lieferanten für Bioläden, Märkte, Verbrauchernetze, genossenschaftliche Verkaufspunkte dienen. Wir beliefern auch andere Organisationen in anderen Provinzen, die eigene Verkaufspunkte haben.“

Aufgrund der Covid-19-Krise steigt die Nachfrage bei den Kleinbetrieben, die giftfreie Erzeugnisse anbieten und die Umwelt schützen. „Seit Ausbruch der Pandemie beobachten wir einen starken Anstieg der Nachfrage nach gesunden Erzeugnissen vom Land“, berichtet Pablo. „Das hat zur Folge, dass die Geschäfte viel verkaufen.

Deshalb konnten wir die Verkaufsnetze in der Hauptstadt Córdoba und anderen Gegenden mit den Hauslieferungen von Lebensmittelsäcken verstärken und die Viertel während der Quarantäne erreichen. Ich glaube, die Bauernorganisationen könnten sich zu Lebensmittellieferanten für alle Teile der Gesellschaft verwandeln. Die Quarantäne hat Routinen aufgebrochen und ermöglicht, dass einige eingebürgerte Gewohnheiten in Frage gestellt werden, wie zum Beispiel, dass wir im Supermarkt das erste kaufen, das wir sehen.

Jetzt können wir das Ganze aus einem anderen Blickwinkel betrachten und neue Bindungen eingehen, um andere Arten von Nahrungsmitteln zu konsumieren. Es entsteht ein größeres Bewusstsein für das, was wir konsumieren. Als langjährige Organisation haben wir eine Infrastruktur an Mobilität, funktionierenden Lokalen mit  eingespielten Netzen und Logistik, die uns helfen, die Krise zu überstehen und andere Erzeugerfamilien zu unterstützen.

Was fehlt, ist ein kulturelles Umdenken, der Staat muss die Bedeutsamkeit einer gesunden Ernährung anerkennen, die Arbeitsplätze schafft, faire Preise festlegt und Ernährungsfragen löst. Die Pandemie hat die bedrohliche Situation aufgezeigt, die der globalisierte Kapitalismus erreicht hat, der keine Antwort auf die Pandemie geben kann. Es bedarf eines mutigen Umdenkens hin zu einer anderen Produktionsform, die sich nicht am Gewinn orientiert“, meint er.

Pablo verweist auf die Bedeutung des Sektors im Kontext einer sich verschärfenden Wirtschaftskrise und die Notwendigkeit einer Politik, die die guten Praktiken stärkt: „Wir wissen, dass die Präsenz des Staates entscheidend ist. Hier gibt es viel zu tun, man muss  z.B. den einkommensschwachen Gruppen Zugang zu diesen Nahrungsmitteln ermöglichen, Speicherkapazitäten anbieten, die Zulassung von einwandfreien Produkten flexibilisieren, die an den mühsamen Formalitäten scheitert und verhindert, dass die Erzeugnisse in die Städte gelangen.

Der Staat muss die Logistik und eine schnellere Bezahlung der Erzeugerfamilien gewährleisten, damit dieses Problem wegfällt. In Córdoba haben die Abholzung, die Gewinnspannen des Agrargeschäfts usw. ein Limit erreicht. Dank der Organisationen wurde dieses Problem sichtbar und gestoppt. Heute geht es in der Auseinandersetzung mit dem Agrargeschäft darum, wer die öffentlichen Mittel erhält und auf ideologischer Ebene geht es darum, dass eine andere Produktionsweise, ein anderer Zugang zu den Nahrungsmitteln anerkannt wird.

Einige Themen hat die Provinzregierung vorangetrieben wie das Gesetz zum Schutz der Wälder oder die staatliche Unterstützung der guten Praktiken oder die Verabschiedung des Gesetzes für  bäuerliche und indigene Familienbetriebe im letzten Jahr. Diese Auseinandersetzungen zielen darauf ab, dass die Organisationen und die Bauernfamilien als Nutznießer und Ausführende dieser Politik anerkannt werden“, bekräftigt Pablo.

Neuquén: „Wir fordern die Ausrufung des Ernährungsnotstands in der Provinz und die Einberufung von Notstandskomitees“

 Seit mehr als 15 Jahren schließen sich in der Organisation Familien aus verschiedenen ländlichen Ortschaften und Landstrichen zusammen. Im Norden widmen sich die Bauern im allgemeinen der Ziegenzucht und in kleinerem Maß der Rinderzucht. In einigen Regionen wird Gemüse angebaut, aber „das zentrale Produkt ist das Ziegenlamm und einige Familien produzieren Derivate wie Milchprodukte und Konserven“, sagt Silverio Alarcón. „Hier im Norden von Neuquén praktiziert man Wanderweidewirtschaft. Die Tiere werden von Winterweidegebieten auf Sommerweidegebiete getrieben und umgekehrt, dies ermöglicht den Bauern die Fruchtfolge auf den Feldern und die Nutzung der Naturweiden in den Gebirgsausläufern, die im Winter nicht genutzt werden können. Mit den Familien verrichten wir kollektive Tätigkeiten und arbeiten gerade an der Wertsteigerung des Ziegenfleischs. Zurzeit richten wir eine Produktionsstätte für Wurstwaren mit verlorengegangenem oder nicht zu verkaufendem Vieh ein. So können wir der Region und auch anderen Provinzen neue Produkte anbieten.“

Die Pandemie hat Schwierigkeiten für die Hauptaktivität der Region mit sich gebracht, die Situation wiederholt sich in allen Provinzen und die organisierten Gemeinschaften suchen nach Alternativen, um die Hindernisse zu umgehen; sie bringen dringende Forderungen vor und erarbeiten Vorschläge. Silverio Alarcón erzählt uns: „In Neuquén ist gerade Hauptsaison für die Weiden.

Im März wird das Vieh verkauft und in der jetzigen Situation können viele Viehzüchter die üblichen Verkäufe des Spätsommers nicht tätigen. Die Verkaufserlöse sind wiederum wesentlich, um Nahrungsmittel und Viehfutter für den Winter zu kaufen. Wenn das Vieh nicht verkauft wird, stellt das ein großes Problem für die Familien dar, die die Tiere wieder auf Winterweideplätze treiben müssen. Die Tiere verlieren an Gewicht und somit an Verkaufswert. Wir fordern, dass der Staat das Vieh der Züchterfamilien aufkauft, damit die Tiere geschlachtet und zu fairen Preisen in den Vierteln verkauft werden können, wo diese Nahrungsmittel knapp sind.

Zum anderen wurden die lokalen Märkte ausgesetzt und wir suchen den Dialog mit der Stadt, damit die Produkte vermarktet werden können. Wir fordern die Ausrufung des Ernährungsnotstands in der Provinz und die Einberufung von Notstandskomitees unter Beteiligung der Bauernorganisationen. Die Krise trifft vor allem die Ärmsten. Deshalb fordern wir schnelle Lösungen für die bedürftigsten Menschen.“

Diego Montón ist einer der Referenten der Organisation und auch Mitglied des operativen Sekretariats der CLOC – Lateinamerikanische Koordination der Landbewegungen. Er erklärte uns, in welcher Lage sich die Kleinerzeuger aufgrund der Pandemie befinden:  „Es gibt unterschiedliche Situationen, die von den unterschiedlichen Realitäten jedes Sektors abhängen. Die alltägliche Arbeit geht weiter, auch wenn es in einigen Bereichen Versorgungsschwierigkeiten für Betriebsmittel gibt.

Einige Dörfer sind abgeschnitten, da es unter den Bürgermeistern unterschiedliche Dynamiken in der Verkehrsregelung gibt, das führt zu Behinderungen der Arbeit der Bauernfamilien. Der Zugang zu den unterschiedlichen staatlichen Unterstützungsprogrammen gestaltet sich schwierig aufgrund der oft sehr schlechten Internetanbindung und gewisser Dynamiken des Informationsflusses. Die Quarantäne in den ländlichen Gegenden, wo die Bauernfamilien auf kleinsten Höfen wohnen, ist sehr problematisch.

Trotz alledem arbeiten die Familien weiter und wir erleben viel Solidarität unter den Bauern, damit die Produktion zu den Verbrauchern gelangt und die Preise stabil gehalten werden können inmitten von Spekulationen und Preissteigerungen stark konzentrierter Sektoren. Wir betonen die Erfahrungen im ganzen Land mit den Säcken, die Obst, Gemüse, Konserven und verschiedene Milchprodukte enthalten. Der Sektor der bäuerlichen Familienbetriebe und einige mittelständische Agrarbetriebe unternehmen große Anstrengungen gegenüber den gerissenen konzentrierten Sektoren“, bekräftigt Montón, der nachfolgend weitere Fragen zu dieser Problematik beantwortet.

Glaubst du, dass das vorherrschende Produktionsmodell verantwortlich ist für die Ausbreitung der Pandemie und dass im Gegenzug dazu die landwirtschaftlichen Familienbetriebe mit der Produktion von gesunden Nahrungsmitteln aufgewertet werden?

Viele Forschungsarbeiten bestätigen den Zusammenhang zwischen der Ausbreitung der Pandemie und den großen Höfen, wo häufig große Tiermengen in Feedlots gehalten werden, was sich ihnen zufolge auf die Dynamik der Virusmutation und dessen aggressives Verhalten auswirkt. Da gibt es unter anderem die Vogelgrippe oder die Schweinepest. Viele Daten stellen einen Zusammenhang damit her und hinterfragen diese Art der Produktion.

Gleichzeitig heben die Arbeiten die Bedeutung der Agrarökologie und anderer Produktionsformen hervor, die nicht nach dem alleinigen Prinzip des Agrobusiness, des Kapitals, handeln. Auch die große Diversität der bäuerlichen und indigenen Familienbetriebe, die im kleinen Maßstab arbeiten, wird positiv eingeschätzt. Ihr Schwerpunkt ist die Reproduktion des Lebens. Es handelt sich hier also um zwei vollkommen unterschiedliche Dynamiken. Seit mehr als zehntausend Jahren versorgen die landwirtschaftlichen Familienbetriebe die Menschheit mit Nahrungsmitteln.

Diese Form der Landwirtschaft bedeutet authentische Beschäftigung für die Landbevölkerung und sucht den Einklang mit der Natur. In diesem Sinn beschloss die Erklärung der Vereinten Nationen nach acht Jahren Diskussion und unter Beteiligung aller Staaten, Kleinbäuerinnen und Kleinbauern als eigene Subjekte anzuerkennen. Die Erklärung bezieht sich nicht nur auf die Verletzung der Bauernrechte, sie unterstützt auch die wichtige Rolle der kleinbäuerlichen Landwirtschaft und die Bedeutung der Ernährungssouverätität, und sie benennt die Verpflichtungen der Staaten.

Die Erklärung besagt, dass die kleinbäuerliche Landwirtschaft grundlegend ist, um die Nahrungskrise und den Klimawandel zu bewältigen und veranlasst die Staaten, diese Rechte durch entsprechende Politiken zu gewährleisten. Die UN-Erklärung ist somit ein Auftrag an die Staaten, das Recht auf Land mit Politiken wie die Agrarreform, die Ernährungssouveränität oder die Intervention der Märkte zu gewährleisten, damit die Preise angemessen sind und damit den Bauernfamilien ein angemessener Lebensstandard garantiert wird. Zugang zum Saatgut, Erhaltung der Biodiversität und die Rechte der Frauen. Das bedeutet, dass das vorherrschende Landwirtschafts- und Ernährungssystem dringend geändert werden muss.

Arbeitet ihr mit den Stadtverwaltungen zusammen? Welche Maßnahmen könnte der Staat deiner Meinung nach in dieser Krisensituation treffen?

In einigen Städten der Provinz Mendoza gibt es Erfahrungen mit der Verteilung der Lebensmittelsäcke. Die Stadt übernimmt die Logistik, stellt ihre Infrastruktur zur Verfügung und ermöglicht den Organisationen, die Säcke zu verteilen und die Nahrungsmittel zu fairen Preisen zu verkaufen. Ein weiterer wesentlicher Punkt ist, dass der Staat kontrolliert und bestraft, dass er in Fällen von Spekulation und in der aktuellen Krise direkt eingreifen kann. Und dass er, wenn es notwendig ist, auch enteignet. Auf nationaler Ebene könnte man das Programm „Obst und Gemüse für alle“ wiederbeleben, das die Produkte vor allem von den Kleinbauern bezieht.

Man sollte auch an Finanzierungsmöglichkeiten denken, damit der Sektor seine Produktivität steigern kann – davon hängen Planung und Nachfrageprognosen ab. Ein weiteres Schlüsselthema ist die Investition in die lokale Industrie, damit sie der Primärproduktion einen Mehrwert verleihen kann. Ich meine Konserven, Pürees und Milchprodukte, es fehlt an Investitionen. In diesem Sinn spiegelt die Ernennung von Nahuel Levaggi als Präsident des Zentralmarkts für Obst und Gemüse eine neue Logik wider, die Levaggi sicher ausbauen wird, damit die Kleinbauern einen direkten Zugang zum Markt erhalten. Diese neue Logik wird auch dazu dienen, den Sektor weiter zu organisieren und die Zahl der Zwischenhändler zwischen Produzenten und Verbrauchern zu verringern

Welche Einschränkungen siehst du für die Entwicklung des Kleinbetriebs?

 Die strukturelle Lage ist komplex: das Agrobusiness ist stark konzentriert. Das bringt eine Unterordnung der kleinbäuerlichen Landwirtschaft aufgrund des Mehrwerts mit sich. Andererseits gibt es eine starke Konzentration des Marktes, die ebenfalls die kleinbäuerliche Landwirtschaft unterordnet und das wirkt sich wiederum negativ auf die Verbraucher aus. So kann man auf dem Markt Produkte finden, die 50o Prozent teurer verkauft werden als der Preis, der den Erzeugern bezahlt wurde. Das ist ein klares Limit.

Hinzu kommen die Ess- und Konsumgewohnheiten, die diese Eliten des Landwirtschafts- und Ernährungssystems beeinflussen konnten. So haben sie erreicht, dass die Bevölkerung ihre verarbeiteten Lebensmittel konsumiert – die im Allgemeinen gesundheitsschädlich sind – und nicht die gesunden Lebensmittel, die sie von der kleinbäuerlichen Landwirtschaft erwerben könnten.

Ein weiteres wesentliches Limit ist die Konzentration des Landes. 60 Prozent der Kleinbauern müssen das Land pachten, das sie bestellen und das bedeutet, dass ein Teil unseres Schweißes an den Großgrundbesitzer geht. Bei einem Teil des Sektors sind die Eigentumsverhältnisse des Landes nicht geklärt, aus diesem Grund ist er gewalttätigen Situationen ausgesetzt. Außerdem blockiert dies den Zugang zu Krediten, eine grundlegende Bedingung, um die Infrastruktur für die Schaffung von Mehrwert und für die Verbesserung der Bewässerungs- und Arbeitstechnologie zu finanzieren.

Übersetzung: Inge Stache in Zusammenarbeit mit Carla Imbrogno

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