Ergebnisbasierte Zahlungen ohne klimarelevante Ergebnisse?

Inwieweit aus REDD+ also tatsächliche Vorteile für den Klimaschutz und die lokale Bevölkerung entstehen, ist mehr als fraglich. In Regionen, die durch extreme strukturelle Ungleichheit und unklare Landrechte gekennzeichnet sind, zeichnet sich vielmehr ab, dass REDD+ bestehende Ungerechtigkeiten und soziale Konflikte verschärft
Von Jutta Kill
Vorwort
Mit der Aufnahme der Diskussion über das Wald- und Klimaschutzinstrument REDD+  ab 2005 in die UN-Klimaverhandlungen waren hochgesteckte Erwartungen verbunden. Manche sprachen gar von einem Paradigmenwechsel im Tropenwaldschutz: der markt-orientierte REDD+-Ansatz sollte Wald- und Klimaschutz miteinander verbinden und durch finanzielle Anreize Entwaldung dort stoppen, wo bisherige internationale Waldschutzinitiativen (angeblich) versagt hatten. Durch die Schaffung handelbarer Kohlenstoffgutschriften aus Waldklimaprojekten sollte REDD+ auch dem Privatsektor lukrative Investitionsmöglichkeiten bieten. Mit der Finanzierung von Tropenwaldschutz durch privates Kapital, so die Vorstellung, ließe sich zudem der Einsatz öffentlicher Mittel reduzieren.
Kurz, die Befürworter von REDD+ traten mit dem Versprechen an, Entwaldung zu stoppen, indem sie intakten Wald wertvoller machen als abgeholzten.
Die Bundesregierung unterstützt REDD+ in vielfältiger Weise und zählt gemeinsam mit Norwegen und Großbritannien zu den wichtigsten staatlichen Finanzierern dieses Instruments. Anders als in Norwegen und Großbritannien fehlt jedoch in Deutschland eine kritische Aufarbeitung der von der Bundesregierung finanzierten
REDD+-Maßnahmen bisher weitgehend. „Es gibt nur sehr wenige Zeitungsartikel zu REDD+, und REDD+ ist nur in Kleinen Anfragen durch die Opposition im Parlament thematisiert worden; doch weder die Berichterstattung in den Medien noch die kurze legislative Aufmerksamkeit haben zu Folgeberichten oder wenigstens Debatten
zum Thema geführt,“ wird ein Interviewpartner in der Publikation ‚The Politics of German Finance for REDD+‘  aus dem Jahr 2014 zitiert.
Der vorliegende Bericht will zu einer verstärkten Debatte über die REDD+-Finanzierung der Bundesregierung beitragen, indem er die Frage nach der Wirksamkeit von REDD+ als Wald- und Klimaschutzinstrument thematisiert. Die politische Relevanz von REDD+ ist aufs Engste mit dem Beitrag von REDD+ zum Klimaschutz verknüpft. Waldschutz ist bei REDD+ somit nicht Selbstzweck, sondern dient dem Ziel, durch Minderung von Emissionen aus Entwaldung einen Beitrag zum Klimaschutz zu liefern. Erfüllt REDD+ diese Erwartung nicht, hat dies Konsequenzen nicht nur fürden Wald und die vom Wald lebenden Menschen, sondern in erheblich Maß auch für den Klimaschutz. Auch im Interesse eines effektiven Klimaschutzes ist deshalb eine kritische Debatte des Instruments REDD+ geboten.
Der vorliegende Bericht stellt dem Versprechen, durch finanzielle Anreize Emissionen aus Entwaldung zu mindern, die Umsetzung von REDD+ Maßnahmen im Rahmen des REDD Early Movers Programms in Brasilien, Ecuador und Kolumbien gegenüber. Insbesondere Beispiele aus dem brasilianischen Bundesstaat Acre machen deutlich, wie weit sich REDD+ in der Umsetzung von den ursprünglichen Versprechen und konzeptionellen Ansätzen entfernt hat, mit denen es seit 2005 von seinen Befürwortern als Klimaschutzkonzept angepriesen wird.
Für 2018 hat das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) eine Evaluierung von REDD Early Movers in Acre angekündigt. Damit REDD+-Maßnahmen der Bundesregierung nicht (weiter) Gefahr laufen, Zahlungen für lediglich auf dem Papier nachgewiesene Emissionsminderungen zu leisten, muss die Diskrepanz zwischen den Erwartungen und der tatsächlichen Umsetzung zentraler Bestandteil der Evaluierung von REDD Early Movers sein. Immerhin geht es bei der REDD+-Finanzierung der Bunderegierung auch um Summen in dreistelliger Millionenhöhe.
Wie wichtig eine Evaluierung der konzeptionellen Annahmen von REDD+ ist, zeigen die Ergebnisse einer Auswertung der Norwegischen REDD+-Finanzierung. Die Evaluierer kommen unter anderem zum Schluss, dass „Schlüsselakteure in der Umsetzung von REDD+, wie UNREDD und die FCPF, eher wenig ausgearbeitete Programmtheorien in Bezug auf REDD+ und die wichtigen Mechanismen und Ergebnisketten für seine Umsetzung zu haben scheinen“  und dass „bisherige Erfahrungen weiterhin nahelegen, dass ein auf ergebnisbasierte Zahlungen ausgerichteter Ansatz wie er derzeit verstanden und für NICFI -REDD+ erarbeitet wird, in einigen Fällen für den Kontext und die Gegebenheiten einiger Länder und Situationen nicht geeignet erscheint.“
Zu bewerten, inwieweit diese Erkenntnisse auch für die REDD+-Finanzierung der Bundesregierung zutreffen, und welche Konsequenzen sich daraus für eine zukünftige REDD+-Finanzierung bzw. eine zielführendere Ausrichtung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im internationalen Waldschutz ergeben, muss eine zentrale Fragestellung der für 2018 angekündigten Evaluierung von REDD Early Movers – und der bundesdeutschen REDD+ Finanzierung insgesamt – sein.

capa livro redd
Jutta Kill, unter Mitarbeit von Thomas Fatheuer
REDD Early Movers
Ergebnisbasierte Zahlungen ohne klimarelevanteErgebnisse?
Herausgeber: ARA, Forschungs- und Dokumentationszentrum Chile-Lateinamerika e.V. (FDCL), Institut für Ökologie und Aktions-Ethnologie (infoe), Klima-Bündnis
FDCL-Verlag, Berlin, Januar 2018
ISBN: 978-3-923020-80-5
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